… oder bin ich vielleicht schon eine?
Ich bin ja nun 14 Tage alleine unterwegs, und vermisse nichts und niemanden… na gut, ab und zu vermisse ich Tina, aber so im großen Ganzen hab ich immer was, mit dem ich mich beschäftige und sei es nur Löcher in die Luft zu gucken, oder andere Camper zu beobachten, den Sonnenuntergang zu genießen oder oder oder:
Was ich so den ganzen Tag mache?
Naja bis auf Sonntags beginnt der Tag erst mal mit arbeiten, in Pausen gehe ich gern ein Stück am Strand entlang, oder hocke mich mit offener Schiebetür auf Wilmas große Stufe, schäle mir ein paar Mandarinen und sinne vor mich hin.
Zum Einkaufen, was ich alle drei Tage erledige, hole ich mein Fahrrad von der Fahrradschublade und radel los. Vorgestern ist mir dann was doofes passiert: Ich wusste nicht mehr genau, wie der Platz hieß, an dem Wilma steht und der Rückweg wollte von google maps geplant werden. Also tippte ich ins Blaue, erkannte auch die meisten Wege wieder, aber irgendwann kam es mir sehr sehr fremd vor. Fragen kann ich ja auch niemanden….hee, weißt du wo Wilma steht? Und verstanden hätte das ja nun auch keiner. Also fuhr ich einfach weiter. Dann bemühte ich doch mal google maps in Satellitenansicht und dachte…ach guck ma, das Stückchen da sieht so aus, als könnte es richtig sein…. und….naja, du merkst ich tippe, und das nicht vom Handy von irgendeinem Straßenrand aus…. sondern gemütlich auf dem Bett hockend. Ich hab die Gute wieder gefunden. 🙂 Merke: Standort aufschreiben, markieren oder so was, bevor du Wilma verlässt. Bingo!!!
Das Fahrrad bastel ich dann wieder auf die Schublade und denke jedesmal…ne ne, so toll die Idee auch war und ist, es ist ein nerviges, bestimmt 10 Minuten dauerndes Getüdel und Gemache, bis das Fahrrad wieder fest und sicher an seinem Platz verzurrt ist. Und das bringt mich dazu, dass ich es gar nicht erst raushole, um einfach mal so durch die Gegend zu düsen. Dabei mache ich das doch so gerne. Das finde ich sehr schade.
Also beschäftige ich mich auch damit, da etwas umzustrukturieren, was zu ändern. Ein Faltrad schwirrt dafür in meinem Kopf herum.
Es gibt schon eine kleine Liste mit Verbesserungsideen, die ich, sobald ich wieder in Deutschland bin, gerne umsetzen möchte. So zum Beispiel zwei Möglichkeiten Bücher an den schönen orangenen Wänden von Wilma unterzubringen. Ein Bücherregal soll das nicht werden, eher so ein Gummiklemmhalterungsteil. Eins für Tina und eins für mich. Da passt dann jeweils das Buch rein, was gerade gelesen wird und fliegt nicht mehr in der Gegend rum.
Gestern bin ich zweieinhalb Stunden am Strand spazieren gegangen, erstens weils so schön war und zweitens, weil ich mittendrin die Idee hatte, ich könnte doch vielleicht einen Supermarkt ganz in der Nähe besuchen, um ein paar Datteln zu kaufen, die ich am Vortag in einem anderen Laden nicht bekommen hatte.
Laut Satellitenanzeige von maps war ich ganz ganz nah dran. Nur dass das Satellitenbild schon etwas älter war und mittlerweile an allen freien Stellen megafette Feriendomizile standen, die alle so dick eingezäunt waren, dass ich beim Versuch drumherum zu kommen mich fast verlaufen hätte. 🙂 Den Supermarkt und die Datteln hab ich somit nicht erreicht. Einen super schönen Strandspaziergang hatte ich aber auf jeden Fall.
Ich bin irgendwie gerade völlig entspannt, tiefenentspannt könnte man sagen. Das merke ich dann besonders, wenn ich meiner neuen Lieblingsbeschäftigung nachgehe. Ich male, wie du dir vielleicht vom letzten Bericht gemerkt hast, Wilma von außen an. Der gelbe Streifen bekommt was grünes dazu. Hatte ich erwähnt, dass ich Mandalas male? Ich glaube ja. Na auf jeden Fall bemerke ich voll die Unterschiede, vom ersten Mandala zum jetzt dritten… also nicht unbedingt in der Kreativität der Muster, sondern im Tun.
Beim ersten malte ich noch so: schnell das nächste Muster und dann mach ich das Muster und boa, was ne Arbeit, die ganze Wilma voll zu malen.
Beim zweiten hab ich schon mehr Ruhe gespürt und hab mich auf das Muster konzentriert, was ich gerade male, aber es war immer noch so ein bisschen schnell, schnell dabei.
Und nun, beim Dritten, werden die Linien der Kreise plötzlich viel gerader, schwungvoller und gleichzeitig irgendwie flüssiger. Ich denke tatsächlich beim Kreise ziehen: ruhig Bo, du hast alle Zeit der Welt, je konzentrierter und ruhiger du den Strich malst, desto besser passt er. Und dann bremse ich mich, wobei das oft schon von alleine geht. Ich denke mir manchmal schon gar kein Muster mehr aus, sondern beginne einfach mit irgendeiner Form, ergänze sie mit einer anderen, ein paar Punkten, Strichen, was auch immer und find es einfach nur wunderschön, was dabei rauskommt.
Leider musst du auf Bilder dazu verzichten… noch. Denn ich wünsche mir, dass Tina nichts davon sieht, bis sie selbst direkt davor steht. Und wenn ich jetzt hier schon was zeige, dann sieht sie es ja auch.
Also Geduld, es kommen sicher Bilder dazu.
Heute saß ich in Wilma auf dem Bett und arbeitete am Laptop, die Tür war wie fast immer offen und es liefen ein paar Leute vorbei. Ich hörte nur so was wie… das ist ja ein schönes Auto, und ein schöner Ausbau und ach guck mal, das sind ja Mandalas, die sind ja wunderwunderschön 🙂 Kannst dir sicher vorstellen, dass ich wie ein Honigkuchenpferd vor mich hingriensend weitergearbeitet habe?
Ja, und abends dann? Wenns dunkel wird? Ja, dann sitz ich zum Beispiel grade hier an diesem Artikel und lass es fließen, oder ich mümmel meinen Salat, telefoniere mit Tina, oder auch mal mit meiner Mama. Die drei Bücher, die ich mitgenommen habe, sind schon leer gelesen, das eine aber lese ich noch mal, das ist eins, was ich glaube ich auch 5 mal lesen kann und mir immer wieder was neues rausholen kann. Genau genommen hab ich sogar zwei solcher Bücher dabei. Dann beschäftige ich mich gedanklich damit.
Da Tina alle ihre Festplatten mitgenommen hat (die nimmt sie überall mit hin), und da auch sämtliche Filme, Serien, Dokus drauf sind, ich aber fürs Filme gucken kein Internet verballern möchte, fällt das mich bedudeln lassen also weg. Und ich finde es überhaupt nicht schlimm. Im Gegenteil, ich freue mich, denn sonst würde dieser Artikel hier nicht geschrieben werden.
Alles in Allem bin ich gerne alleine und kein bisschen einsam. Einige Vanlife Mädels, die wir in Tarifa kennengelernt hatten, oder vorher schon kannten, stehen nicht weit von hier. Ich könnte locker dahin fahren, aber ich möchte grade viel lieber für mich sein und weiter in mir stöbern, was ich will, was sich wie anfühlt und mich nur um mich kümmern.
Vor ein paar Tagen zum Beispiel war ich auf der Suche nach einem neuen Stellplatz (ich/ wir stehe/n immer frei, also ohne Campingplatz, die mag ich/ mögen wir einfach nicht) und hatte mir einen ausgeguckt. Ich fuhr da also hin, stellte Wilma ab und machte meine erste kleine Erkundungstour, die Treppe runter zum Strand. Alles ganz ganz schön aber irgendwas war komisch. Ich stieg wieder in Wilma ein, machte dann von innen die Schiebetür auf und wäre fast in ein paar, zwar kleine, aber piecksige Disteln gehüpft, barfuss natürlich. Dann dachte ich.. wie finde ich denn jetzt raus, ob ich hier richtig bin? Und schon kam die Antwort, nimm dir einfach einen Moment Zeit und hör dir selber zu. Also beschloss ich eine Weile einfach nur mein Gefühl anzuhören und siehe da, es sagte ganz klar: Bo fahr weiter. Naja, und das tat ich dann auch. 3 Kilometer weiter fand ich dann diesen Platz hier, der zwar erst mega voll war, sich dann aber doch ganz schön lichtete. Und da ich mich nicht zu denen, die sich alle gemeinsam direkt ans Meer an einen Fleck gekuschelt haben, gestellt habe, sondern mir eher ganz hinten ein Plätzchen gesucht habe, hab ich hier auch super meine Ruhe.
Ich träume, seit ich allein unterwegs bin total viel Kram, total klar und erinnere mich auch an vieles direkt nach dem Aufwachen, vergesse es aber bis auf einen Traum auch fast sofort wieder. Wenn ich von meinem Papa träume, dann vergesse ich das nicht. Es kommt nicht oft vor, aber wenn, dann ist es ganz klar und ganz deutlich, und immer ist er gesund und jung und für mich da. So wie früher eben auch 🙂 und anscheinend jetzt noch immer.
Aber ich fühle mich niemals ängstlich oder so was. Das hatte ich ja vermutet, dass ich nicht schlafen können würde, oder sobald es dunkel wird, vor lauter Herzklopfen einen Kasper kriege…. nichts davon ist eingetreten. Gar nix. Komische Gefühle an komischen Orten sind super, was auch immer der Grund dafür ist, aber wenn das Gefühl zum Ort stimmt, dann kann ich mich wirklich drauf verlassen – und tue das auch immer sicherer. Ich bin so dankbar, dass ich mich selbst in diese Zeit geworfen habe, weil ich wusste, dass sie sehr sehr wertvoll für mich sein würde.
Jetzt stelle ich mir gerade die Frage, wenn ich keinen Kontakt mit meinen Kollegen über Chat und Videochat hätte, also nicht arbeiten würde, wenn ich nicht telefonieren würde. Wenn ich nicht wüsste, es ist nur für eine Weile, die ich alleine unterwegs bin. Was wäre anders? Würde ich mich ans Camperkuscheln anschließen und mich mit dazu stellen, um Kontakte zu bekommen? Würde ich einfach andere Vanlifer anquatschen? Also hätte ich das Bedürfnis danach? Denn andere anquatschen fällt mir sehr viel leichter, als ich noch vor gar nicht langer Zeit von mir selber dachte! Würde ich mich einsam fühlen? Oder würde ich noch mehr zu mir kommen und noch mehr mein Eigenes fühlen, noch mehr mein Innerstes kennen lernen?
Die Antwort kann ich wohl nur erahnen und vermuten, dass ich mich wohl auf keinen Fall in so ein Massencampergetümmel mit lauter unbekannten hineinstellen würde, aber sehr wohl den einen oder anderen Kontakt knüpfen würde, wenn ich jemanden spannend finde. So, wie ich es bis jetzt auch tue.
Wie ist das bei dir, wenn du alleine unterwegs bist? Tummelst du dich zu anderen dazu, bist du lieber für dich? Ist es mal so, mal so? Oder bist du lieber zu zweit unterwegs?
Ich bin neugierig, weißt du ja.
Spinnerin, Erfinderin, Forscherin, Schreiberin.
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Wolf Greiner
Hallo , ich nenne mich Wolf und bin seit 6 jahren allein unterwegs. War aus einem gefühl heraus mal sehen wo es mich hin treibt. Auser meinem Bus begleiten mich meine inzwischen 2 Hunde. War nie einsam , wenn ich kontakt mit anderen “ Campern “ habe, muss ich manchmal nach einiger Zeit wegfahren , zuviel oberflächliches gebrappel.
Bin eher ein Fahrzeugbewohner ein fahrender Eremit. Schau mir die welt wie einen Zoo an mit vielen unterschiedlichen sonderbaren Lebewesen . Campingplätze halt ich nicht aus, stehe immer frei, je einsamer ein Platz ist um so wohler fühle ich mich, muß mich manchmal zwingen von so einem platz wegzufahren, manchmal geh ich auch nur Wasserfassen und einkaufen. So stehe ich manchmal wochenlang, es wird aber immer schwieriger geeignete Plätze zu finden da über Stellplatz App´s jeder Fleck erschlossen wird. Sieht im moment so aus das ich diesen Winter in D gestrandet bin und mit Reisen erstmal nichts geht. Hab den Lockdown im März in Spanien erlebt war Ziemlich Humorfrei. Träume z.Z.eher von einer festen Klause irgentwo im nirgentwo. Mal sehen, wünsche dir viele verträumte Stunden, Tage.
Cinesischer Segen: Ich wünsch Dir eine lange Reihe ereignissloser Tage.
Bo
Hallo lieber Wolf,
oh das klingt genau nach mir. Bloss keinen Campingplatz, so einsam wie möglich, auch ich bin den Winter über hier in D und noch immer hier. Was mich erst ziemlich fertig gemacht hat. Mittlerweile hab ich auch daraus das Gute für mich gezogen und bin entspannt.
Wir hatten es im März 20 gerade noch vor dem dicken Lockdown aus Spanien rausgeschafft 😉 Und derzeit denke ich: wenn ich halt nicht reisen darf, dann hätte ich auch gerne einen festen Standort… sprich ein Grundstück, gerne sehr einsam 😉
Danke für den chinesischen Segen. Gefällt mir.
Liebe Grüße von Bo
Wünsche dir ein Fleckchen nur für dich, wo dich keiner stört… es sei denn du willst es 😉