78 Tage danach

Veröffentlicht in: Bauwagen, Minimalismus | 4

78 Tage wieder an einem festen Ort sein
78 Tage nach den 78 Tagen unterwegs durch Deutschland….

Es war still hier für dich in dieser Zeit. Das genaue Gegenteil allerdings passiert gerade bei mir. Nicht, dass es laut wäre, aber turbulent und voller Arbeit.
Neben dem Job mal eben den alten Kuhstall wohnlich ausbauen, das hatten wir uns etwas ruhiger vorgestellt, etwas schneller vorankommend irgendwie auch.
Nu sitze ich gerade hier und warte auf den Ofenbauer, langersehnt, denn es ist schon November, die Wiese und die Felder waren heute morgen schon weiß, die Pfützen hatten eine dünne Eisschicht. Es ist also besonders nachts schon ordentlich kalt. Der Bauwagen ist super isoliert, aaaaber, der kleine Ofen, der darin alles schön muckelich machen sollte war denn doch ein kleiner Reinfall. Er zieht zwar ganz prima, allerdings ist er einfach nicht dicht, und bevor wir ihn richtig an hätten, wären wir im Wagen wohl einen kleinen Erstickungstod gestorben. Glücklicherweise hatte ich die Idee, den Ofen draußen zu testen. 🙂 und ihn danach erst gar nicht ein zu bauen.

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zack steht er einfach da. für mich zack, für den Ofenbauer ein Tag Arbeit.

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Ich freu mich soo, über ein paar Ofenrohre, die noch rumstehen!!!

Im Schlafsack ist es noch schön warm, Nima bekommt jeden Abend eine Decke übergetüdelt, die dann aber beim ersten Drehen wieder von ihr rutscht. Heute Nacht, dachte ich lieber doch mit Mütze schlafen zu gehen, mein Kopf war mega kalt. Der Schlafsack hat was ein Glück eine Kapuze, die ich mir locker über den Schädel legen kann. Dann gehts noch ganz gut, allerdings zögere ich das Aufstehen in diese Kälte sehr lange raus. Es kostet mich einiges an Überwindung. Doch es ruft mich jeden Tag so viel, dass ich es dann doch recht fix einfach hinter mich bringe. Schnell in die kalten leicht klammen Klamotten springen und hoffen, dass mein Körper sie bald aufgewärmt hat. Und heute abend wird der kleine Miniheizstrahler mit in den Bauwagen genommen. Man muss es ja nicht übertreiben.

Zurück zum Ofenbauer 🙂 die einzige Heizung, die es geben wird, die es auch schon gibt, ist im Bad installiert. Der Rest der Wohnung wird nur mit Holz im Ofen beheizt. Ich bin gespannt, ob das mal wieder so eine ganz andere Vorstellung von mir trifft, nämlich vorm Ofen sitzen, warm und gemütlich, ins Feuer gucken und entspannen, oder ob ich dauernd am Holz besorgen, Holz nachfüllen und den Ofen beobachten bin. Ich werde es erleben 🙂

Nach genau 4 Monaten ohne eigene Toilette, also seit 1.Juni, seit wir unterwegs waren, hättest du unser Glück lieber wohl nicht mitangesehen, aber geteilt, endlich wieder auf dem eigenen Lokus zu sitzen. WOW, ich hätte nie nie nie gedacht, dass es mir so wichtig sein könnte nicht irgendwelche Klos oder sonstige Plätze in der Natur, oder das Klo der Nachbarn zu nutzen, sondern mein eigenes. Unfassbar, was einem wichtig werden kann, wenn man es lange nicht hatte. Das Benutzen der eigenen Toilette kann eine kleine Party werden 🙂

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Erstes zuschmieren der Rigipswände im Bad. Noch fehlt die Decke und zwei Wände. Das Fenster ebenso und irgendwie noch alles andere auch.

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Heute sieht es schon sehr viel besser und sehr viel mehr nach Bad aus. 🙂 Was noch richtig fehlt ist eine Tüüür!


Ansonsten haben wir schon richtig viel geschafft, aber oft denke ich, ich wäre gerne schon weiter. Das erinnert mich ganz viel an die Tour, sehr ähnliche Gedanken sind mir da durch den Kopf gewandert. Der Unterschied ist der, dass ich heute das Gefühl habe, durch Deutschland fast hindurch gerannt zu sein, nicht so oft den Moment genossen habe, was mich tatsächlich ein wenig ärgert. Deshalb versuche ich jetzt hier beim Bau mich so oft ich kann daran zu erinnern den Moment zu leben, auch wenn er staubig, voller Rigipsplatten, Gipsputz, Dachlatten, Ytongsteinen, OSB PLatten, Glaswolle, Schrauben und Sonstigem ist. Es ist mein Moment, nur den kann ich genießen. Nur den habe ich. Und schon sind die Rigipsplatten, (ich mag sie nicht sonderlich) nicht mehr ganz so schlimm.

Auf der Tour sind uns so oft Geschenke in Form eines Frühstücks, eines Abendessens, eines kostenlosen Platzes zum Aufstellen unseres Zeltes gemacht worden. Ich habe tatsächlich dort gelernt das einfach anzunehmen, ohne groß zu überlegen, was ich demjenigen zurückgeben könnte. Zuhause im gedanklichen Nachbearbeiten der Tour ging mir dann auch auf, dass ich sehr wohl etwas zurückgegeben habe. Die Menschen hörten unsere Geschichten und wurden so ein Teil der Tour.
Hier im unfertigen Zuhause hören die Geschenke allerdings nicht auf. Und gelerntes von der Tour kann ich hier gut anwenden. Ich kann einfach annehmen. Mit Sicherheit kann ich irgendwann einiges davon zurückgeben.
Aus dem Nachbardorf haben wir so viel Dämmmaterial bekommen, um es unter die OSB Platten packen zu können – für warme Füße.
Der eine Nachbar hat ein paar Thermopenscheiben übrig, die gemeinsam mit der in Schleswig erstandenen Tür ganz genau das große „Loch“ am Eingang schließen. Der nächste Nachbar schenkt uns wunderschöne rote Backsteine mit denen wir, wenn der Ofenbauer den Ofen gesetzt hat, drumherum mauern können. (Das Mauern liegt mir noch ein wenig im Magen, ich werde einfach anfangen, wie mit allem, dann wirds schon werden). Dann wieder kommen an einem Nachmittag gleich zwei Nachbarinnen mit noch warmen Kuchen für uns vorbei. Einladungen zum Essen, leckere Pfannkuchen einfach so, und ganz wichtig, das Nutzen einer Waschmaschine sind für uns gerade Gold wert.

Alles kommt so passend, alles zur richtigen Zeit, alles fügt sich zusammen. Danke dafür.

In den ersten Wochen hatten wir noch kein Internet, mal reichte das WLAN aus dem Haupthaus bis in den Bauwagen, mal nicht, was denn hieß, dass ich draußen arbeitete. Solange es warm und trocken war fand ich das auch eher angenehm, das Angebot drinnen im Warmen zu sitzen und dort zu arbeiten ließ mich dann oft mit Laptop und Kabelgedöns über den Hof laufen. Mittlerweile hat der Laptop einen festen Platz auf einer alten Tür mit zwei Böcken darunter gefunden. Wieder so ein Geschenk: einen festen einigermaßen warmen Ort zum Arbeiten zu haben. Später werden an diesem Platz die Fahrräder stehen! Ich freue mich gerade riesig, dass wir heute die Lankabel und das Telefonkabel verlegt haben. Noch sind keine Steckerchen dran, noch die zukünfigen Arbeitsplätze nicht fertig, weil der Boden noch fehlt, der über die Kabel gebaut wird. Noch geht alles über WLAN, Ziel ist es natürlich ohne zu wohnen, im Moment ist es einfach nicht anders möglich und deshalb für die Bauzeit gut so.

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Die ganzen Kabel sieht man schon gar nicht mehr. Übrigens da, wo das Rohr gen Himmel zeigt, kommt die Küche hin.

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Arbeiten im Bauwagen, an einer kleinen Holzplatte auf dem Bett sitzend. In den allerersten Tagen nach der Tour.

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Die Wohnküchenarbeitsplatzentspannungsecke. So wohnen wir gerade. Es ist warm und trocken. Geschlafen wird im Bauwagen.


So kommen wir täglich ein kleines Stückchen weiter. Mal gar nicht wirklich mal überquere ich gefühlt die Elbe ein zweites Mal, weil es ein Meilenstein war, dass wir nun endlich eine Tür haben und wir nicht das halbe Dorf mit unserem kleinen Heizstrahlerchen mitheizen.

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Noch ist es offen, das große Loch, was bis vor kurzem noch Garageneinfahrt war.

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Alle Holzbalken von Hand gesägt…

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… und gezapft.

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Zusammengebaut….

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… und mit der Hilfe von gaaaanz vielen Nachbarn hochgestemmt und eingebaut.

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Fenster rein, Tür renoviert und ebenso rein. Bauschaum rings rum, Silikon zum Abdichten. – ZU – Meilenstein 🙂


Ich kann in 78 Tagen einmal längs durch Deutschland laufen, aber ich schaffe es nicht in 78 Tagen einen ehemaligen Kuhstall zum Wohnraum umzubauen.
Hättest du mich im Mai dazu befragt, hätte ich es garantiert andersherum gedreht. Ich hätte vermutet, dass ich länger laufen würde und weniger Umbauen würde. So versuche ich gerade täglich einfach hinzunehmen, was kommt, freue mich über die sichtbaren Erfolge des Tages und mache einfach weiter so, denn eigentlich ist es egal, wie lange es dauert bis wir fertig sind. Dennoch verliere ich das Ziel nicht aus den Augen, entspannt auf dem Sofa sitzen, um mich schauen, sehen, was ich geschafft habe und entspannt ne Mütze stricken oder ein Buch lesen, oder einfach mal gar nichts tun.

Viele haben nachgefragt, ob es den Blog denn weiter geben wird. Klar wird es das! Ich vermisse das Schreiben sehr, meine Gedanken werden allein in meinem Kopf nicht immer so ganz fertig. Beim Schreiben wird mir alles so viel klarer, beim Schreiben tue ich genau das, was ich so so gerne mache. Leider fehlt dazu gerade die Zeit, aber ich möchte wieder sehr viel mehr das tun, was mich glücklich macht.
Welches Tun macht dich so richtig glücklich?

bo unterschrift


4 Antworten

  1. Eva

    Liebe Bo,
    ein tolles Projekt, das Du gerade lebst und erlebst. Da wir hier im Allgäu schon die ersten Frostnächte mit z.T. -8 Grad hatten, hoffe ich, das Du es mit Nima bald gemütlich hast. Besonders die Aktion mit dem Eingangstor finde ich ein beachtliches Stück gelungener Arbeit. Respekt!
    Ich wünsche Dir, das alles weiterhin so läuft, wie Du es Dir vorstellst und das Du, wenn es mal nicht so sein sollte, in diesem dann doch wieder das Positive erkennst. Jeder Schritt bringt Dich weiter – in eine immer neue Richtung.
    Ich freue mich immer sehr, einen neuen Blogbeitrag von Dir zu lesen; für einen Moment einzutauchen in Deine Welt und Deinen Erzählungen zu lauschen. Da auch bei mir in den letzten Monaten ein Ereignis das andere jagte, weiß ich, wie schnell die Zeit verfliegt und wie wenig davon für das Schreiben bleibt. Ich hoffe jetzt auf den Winter, dass wieder Ruhe einkehrt und damit auch die Muße fürs Schreiben wieder erwacht. Vielleicht geht es Dir genauso 😉
    Bleib wohlauf und frohgemut und sei herzlich gegrüßt von mir – für Nima einen Knuddler
    Eva
    Eva kürzlich veröffentlicht…Zeh gebrochen 🙁My Profile

    • Bo

      Hallo liebe Eva,
      so schön von dir zu lesen. 🙂 So kalt wie bei dir ist es hier was ein Glück noch nicht, der Ofen steht, das Warten auf den Schornsteinfeger zur Abnahme beginnt. Ich bin guten Mutes, dass Anfang Dezember alles fertig ist.
      Ich wünsche dir eine ruhigere Zeit und sehr viel Muße zum Schreiben, denn auch ich lese deine Blogbeiträge sobald es einen neuen gibt sehr gerne.
      Ganz liebe Grüße in den Süüüüüden
      von Bo

      P.S. Nima hat den Knuddler gerade genossen 🙂

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    Hallo Bo!

    Das dachte ich mir schon dass Du Dich gleich in das nächste arbeitsreiche Abenteuer gestürzt hast.
    Die Garagentor-Tür-Konstruktion mit den gezapften Balken hat es mir spontan besonders angetan. Eine tolle Arbeit – die meisten Leute die ich kenne hätten das einfach mit Lochblechen zusammengeschraubt.

    Ach ja, was macht mich richtig glücklich?
    Z.B. wenn ich mich mit Freunden treffen kann die ich länger nicht gesehen habe und wir was interessantes zusammen unternehmen.

    Alles Gute Dir in Deinem hoffentlich nun warmen neuen Zuhause,
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    • Bo

      Hallo asc,
      schön, von dir zu lesen. 🙂 Bleche hätte man irgendwie immer irgendwo in der Konstruktion gesehen, und das mag ich nicht. Warm ist es leider noch immer nicht, weil der Schornsteinfeger erst den Ofen abnehmen muss und der kann erst nächste Woche. 😉
      Aber die paar Tage, mittlerweile sogar im Schnee, halten wir auch noch aus.

      Ganz liebe Grüße von Bo

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